Sie sind zwar nur so klein wie ein Stecknadelkopf, verändern aber das tägliche Leben in vielen Bereichen: winzige mikromechanische Sensoren von Bosch. In Fitness-Armbändern erfassen sie Körperbewegungen und verhelfen zu mehr Gesundheit und Wohlbefinden. Im Auto erkennen Sensoren gefährliche Situationen und alarmieren blitzschnell die Steuerelektronik, um den Wagen auf der Straße zu halten. Weil Sensoren die Erdanziehungskraft erkennen, können Smartphones ihr Bild immer passend für den Betrachter ausrichten. Bosch ist der weltweit führende Hersteller von MEMS-Sensoren (mikro-elektromechanische Systeme). Seit Produktionsstart im Jahr 1995 hat das Unternehmen mehr als sechs Milliarden Stück gefertigt. „Wesentliche Herausforderung bei der Weiterentwicklung unserer MEMS-Sensoren ist ihr Energieverbrauch. Beispielsweise können wir mit mehr Intelligenz im Sensor den Energiebedarf reduzieren“, erklärt Dr. Franz Lärmer, Sensor-Experte bei Bosch. Die Anwendungsmöglichkeiten für Sensoren sind zahlreich und kaum überschaubar. Sie sind eine Schlüsseltechnologie für das Internet der Dinge (IoT).

Drei Ansätze für geringeren Energieverbrauch

Nutzer von mobilen Geräten wie Smart Watches, Augmented-Reality-Brillen oder Wearables wünschen sich oft eine längere Akkulaufzeit, kleinere Designs, günstigere Produkte und mehr Funktionen. Bislang reichen die Akkukapazitäten in solchen Geräten oft nicht aus, um die Sensoren und die zugehörigen Auswertechips ständig mit Strom zu versorgen. Kommen die sensorgestützten Funktionen ständig zum Einsatz, müssen die Geräte häufiger aufgeladen werden. Bessere Batterieleistungen machen zudem mehr intelligente Anwendungen möglich. Lärmer und sein Team in Renningen verfolgen gemeinsamen mit Bosch-Forschern in Palo Alto im Silicon Valley drei verschiedene Ansätze, um den Energieverbrauch von Sensoren zu reduzieren.

MEMS-Sensoren als Bausteine der vernetzten Welt
© Bosch

Der erste: Energie lässt sich aus Druckänderungen, Vibrationen oder Temperaturunterschieden in der Umgebung wandeln. Diese sogenannte Energie-Ernte (englisch: energy harvesting) erforscht Bosch gemeinsam mit Partnern im öffentlich geförderten Verbundprojekt 9D-Sense. Winzige Akkus können selbst kleinste Energieerträge zwischenspeichern, um Sensoren über lange Zeit wartungsfrei mit Strom zu versorgen. Der zweite: Eine intelligente Programmierung lässt die Sensoren ihre Daten nur dann sammeln und übertragen, wenn es wirklich nötig ist – denn so lange ein Smartphone beispielsweise still auf dem Tisch liegt, können seine Sensoren ausgeschaltet werden. Der dritte: Bosch hat in der Forschung in Palo Alto die weltweit kleinste und stromsparendste Sensoreinheit entwickelt. In dem mit 2,5 × 3,0 × 0,8 Millimeter winzigen Gehäuse des BMI160 finden sich unter anderem ein Beschleunigungs- und ein Drehratensensor. Der Sensor misst zum Beispiel die Raumlage von Smartphones. Weitere Anwendungen sind Tablet-PCs oder Smart Watches. Im vollen Betrieb beträgt der typische Stromverbrauch des BMI160 nur noch 950 Mikroampere – das ist weniger als die Hälfte des Marktstandards und bedeutet Weltrekord. Dieser und andere Bosch-Sensoren sind heute weltweit bereits in drei von vier Smartphones verbaut.

Jeder Gegenstand kann Informationen sammeln

„Wahrscheinlich wird künftig fast jeder Gegenstand des täglichen Lebens mit Sensoren ausgestattet sein. Wir sehen darin eine Revolution, denn so kann fast jeder Gegenstand Informationen über sich selbst und seine Umwelt erfassen. Die Nutzungsmöglichkeiten dieser Gegenstände wachsen dadurch immens“, sagt Lärmer. „Auch die Kombination mehrerer Sensoren sowie die Integration von Software-Intelligenz in die Sensoren spielen eine immer größere Rolle.“ Ein Beispiel aus dem Fitnessbereich: Ein Sensor erfasst den Luftdruck und damit in welchem Stockwerk sich der Träger befindet. Ein weiterer Sensor erkennt alle Bewegungen seines Trägers. Zusammen mit den Daten eines winzigen, auf die Haut geklebten Herzschlag-Sensors wird automatisch ein Fitnessprofil übertragen – zum Beispiel die Änderung der Herzfrequenz beim Treppensteigen. Eine App auf dem Smartphone überträgt das Profil auf Wunsch an einen Trainer. Auch in der Früherkennung sind Anwendungen denkbar. „Krankheiten wie Demenz oder Haltungsschäden kündigen sich auch durch Veränderungen im Bewegungsablauf an. Dies ließe sich auf ähnliche Weise mit MEMS-Sensoren erfassen, um Krankheiten möglichst frühzeitig zu diagnostizieren und behandeln zu können“, sagt Lärmer. „Die vielfältigen Einsatzmöglichkeiten vernetzter Sensoren lassen sich noch gar nicht absehen – daran forschen wir.“

Neustes technisches Equipment für sensible Sensoren

In seinem neuen Forschungszentrum in Renningen bei Stuttgart arbeitet Bosch an der großen Zukunft der winzigen Bauteile. Sie sollen noch kleiner werden und immer weniger Strom verbrauchen, auch um neue Anwendungen möglich zu machen. Wie die Herstellung braucht auch die Forschung an neuen MEMS-Generationen optimale Bedingungen. Bei Entwicklung und Produktion der MEMS-Strukturen können selbst kleinste Staubkörner zu großen Problemen führen. Deshalb hat Bosch auf dem neuen Forschungscampus ein Reinraumgebäude nach den neuesten technischen Standards errichtet. Nur aufwendig gefilterte Luft mit maximal 370 Partikeln pro Kubikmeter gelangt dort hinein. Zum Vergleich: In einer typischen städtischen Umgebung schweben rund 35 Millionen Partikel in einem Kubikmeter Luft.

Winzige Strukturen, extrem empfindlich

Bei der MEMS-Produktion werden mikroskopisch feine Strukturen in Silizium geätzt. Auf dem Sensor greifen die Finger winziger Kämme aus Silizium ineinander – nicht einmal ein Viertel so dick wie ein menschliches Haar. Bei einer Bewegung werden diese Kämme gegeneinander verschoben. Der Abstand der Finger zueinander verändert sich, damit geht eine veränderte elektrische Spannung an den Kämmen einher. Diese lässt sich messen und zu einem elektrischen Signal verrechnen, das der Sensor schließlich ausgibt. Dank dieser Technik sind MEMS-Sensoren extrem empfindlich, erklärt Lärmer. „Man kann damit im Labor ohne große Probleme auch die Drehung der Erde messen.“ Mehr noch: Die feinen Silizium-Strukturen erfassen bereits Bewegungen von lediglich einem Femtometer. Das ist die unvorstellbar kleine Strecke von 0,000000000000001 Meter (10 -15 Meter). Dies liegt im Bereich des Durchmessers eines Atomkerns.

Bildquellen:

  • Bosch_Forschung_Sensor: © Bosch
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